Der Leitgedanke der Betreuung liegt in der Hilfe zur Selbsthilfe von Erwachsenen. Der Gesetzgeber definiert konkrete Voraussetzungen und Einschränkungen. Ziel ist die Herstellung einer optimalen Unterstützung mit der Gestaltung eines lebenswerten Umfeldes oder der erstmaligen Errichtung eines Solchen, die der Betreute ohne Hilfe Dritter nicht erreichen würde.
Die Tätigkeit als Berufsbetreuer nach § 1896 BGB beinhaltet die rechtliche Sorge im Rahmen einer rechtlichen Vertretung für die betreuten Personen. Grundsätzlich kann jeder zum Betreuungsfall werden, insbesondere durch Krankheit, Unfall, geänderte Lebensumstände oder auch Sucht. Die Voraussetzung zur Einrichtung einer Betreuung ist im § 1896 Abs. 1 BGB geregelt. "Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer." [Klick mich] für mehr Informationen.
Aktuelle Rechtssprechung:
Bundesfinanzhof [BFH]: Rechtliche Betreuung ist Rechtsfürsorge – keine tatsächliche Hilfe!
„Rechtliche Betreuung“ i.S. der §§ 1896 ff. BGB ist nicht tatsächliche Hilfe, sondern Beistand in Form von Rechtsfürsorge (vgl. § 1902 BGB). Maßnahmen, die diese vom Gesetz zugewiesene rechtliche Interessenwahrnehmung überschreiten, gehören nicht zum Aufgabenkreis eines Betreuers. Dieser hat im Rahmen der ihm übertragenen Aufgabenkreise (vgl. § 1897 Abs. 1 BGB) tatsächliche Hilfen lediglich zu organisieren. BFH - Urteil vom 4.9.2019, VI R 52/17.
Der Bundesfinanzhof schließt sich damit selbstverständlich den höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundessozialgerichtes [BSG] - Urteil vom 30.06.2016, Az. B 8 SO 7/15 sowie dem Urteil des Bundesgerichtshofes [BGH] - Urteil vom 02.12.2010, Az. III ZR 19/10 an.
Bundessozialgerichts zur Abgrenzung der Aufgaben von Betreuer/innen von den Aufgaben der Eingliederungshilfe
30.6.2016 - Eigentlich müsste es seit langem (zumindest Mitarbeiter/innen von Sozialbehörden und -versicherungen) bekannt sein: Aufgabe von Betreuer/innen im Sinne der §§ 1896 ff BGB ist die rechtliche Betreuung. Das ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes – in § 1901 Abs. 1 BGB heißt es: „Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.“
Damit dürfte zumindest eindeutig geklärt sein, dass tatsächliche Hilfeleistungen nicht zu den Betreueraufgaben gehören. In der betreuungsrechtlichen Fachliteratur ist dies auch durchgehend anerkannt. So heißt es z.B. bei Jurgeleit-Kieß, Betreuungsrecht, § 1901 BGB Rn. 21: „Rechtsfürsorge meint, dass der Betreuer vor allem durch rechtliches Handeln die notwendigen tatsächlichen Maßnahmen für den Betreuten veranlasst. Der Betreuer schuldet die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Betreuten jedoch nicht in Person; Tätigkeiten im pflegenden und versorgenden Bereich sowie allgemeine therapeutische Maßnahmen gehören nicht zu den nach § 1901 BGB zu besorgenden Angelegenheiten. Er ist nur für die Organisation der erforderlichen tatsächlichen Maßnahmen verantwortlich … Er hat Dienstleister zu beauftragen, um die Lebensbedürfnisse abzudecken.“
Trotzdem sind langwierige Auseinandersetzungen mit Dritten um die Aufgaben von Betreuer/innen an der Tagesordnung. Es gibt wohl kaum einen Berufsbetreuer, dem noch nicht von einer Einrichtung angetragen wurde, seinen Klient/innen zum Facharzt zu begleiten oder ähnliche Tätigkeiten zu erbringen.
In einer neueren Entscheidung hat sich das Bundessozialgericht (BSG - Urteil vom 30.6.2016, Az. B 8 SO 7/15) mit den Aufgaben von Betreuer/innen i.S.d. §§ 1896 ff und der Abgrenzung von den Aufgaben der Eingliederungshilfe auseinandergesetzt. Über den genauen Hintergrund des Streits ist nicht sehr viel bekannt. Der Kostenträger war von der Vorinstanz zur teilweisen Übernahme der Kosten für ein Betreutes Wohnen verurteilt worden. In der Revisionsinstanz führte er nun an, dass das Landessozialgericht „das Verhältnis zwischen rechtlicher Betreuung und sozialer Betreuung im Rahmen der Sozialhilfe verkannt“ habe. Er war also offenbar der Meinung, dass die Leistungen des Betreuten Wohnens zumindest teilweise Aufgabe des Betreuer gewesen wären und deshalb eine Finanzierung durch den Sozialhilfeträger ausscheide.
Das BSG hat dazu deutliche Worte gefunden und führt in seinem Urteil u.a. aus:
„(…)Zur Unterscheidung von rechtlicher Betreuung und Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens ist zu beachten, dass die Betreuung nicht auf die tatsächliche Verrichtung von Handlungen durch den Betreuer anstelle des Betreuten zielt, sondern auf die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten: Der Betreuer handelt als Vertreter (§ 1901 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch , § 1902 BGB). Wie der Bundesgerichtshof deshalb unter Würdigung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998 (BGBl I 1580) zur Abgrenzung von ,Leistungen der Sozialhilfe‘ von solchen der rechtlichen Betreuung zutreffend ausgeführt hat (Urteil vom 2.12.2010 - III ZR 19/10), sind von der rechtlichen Betreuung Tätigkeiten nicht erfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer ist vielmehr nur verpflichtet, solche Hilfen zu organisieren, nicht aber, sie selbst zu leisten. Zielt die Hilfe auf die rein tatsächliche Bewältigung des Alltags, kommt eine Leistung der Eingliederungshilfe in Betracht; zielt sie indes auf das Ersetzen einer Rechtshandlung, ist der Aufgabenbereich des rechtlichen Betreuers betroffen. Dies gilt bei Leistungen der Beratung und Unterstützung (als Hilfen zur Entscheidung) gleichermaßen (vgl. dazu auch Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Abgrenzung von rechtlicher Betreuung und Sozialleistungen, 2008, S. 38 f): Sind diese auf das Ob und Wie der Erledigung rechtlicher Belange ausgerichtet, sind sie der rechtlichen Betreuung zuzuordnen, ansonsten ist der Aufgabenbereich Eingliederungshilfe betroffen.